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2. Flensburger Zeitreise zu Täter- und Opferorten in der NS-Zeit

23. März 2012, von «K.Rogge»

Bus- und Stadtrundfahrt im Rahmen der Wanderausstellung "Was damals Recht war" .

Im Rahmen der Wanderausstellung vom 10.01. - 23.02.2012 luden Dr. Broder Schwensen von der Gesellschaft für Stadtgeschichte und Prof. Gerhard Paul von der Universität Flensburg zu einer Busrundfahrt zu vier Täter- und Opferorten in Flensburg ein. Die 4 Stationen waren:
1. Das Gebäude der Polizeiinspektion 
2. Die Marineschule
3. Tremmerup – Asmus-Jepsen-Weg
4. Friedenshügel

 

Die 2. Station über die ich heute berichte, ist die

Marineschule Mürwik

Vom Hof der alten Post aus gehen wir wieder zum Bus und fahren nun weiter zur Marineschule Mürwik. Hier werden wir von Herrn Dr. Jensch, dem Marinestuart der Marineschule, begrüßt. Er unterrichtet die Offiziersanwärter im Fach Wehrgeschichte und ist Berater des Kommandeurs in allen wehrhistorischen Belangen. Er ergänzt die Ausführungen von Prof. Paul noch einmal aus einem anderen Blickwinkel, was ich sehr interessant finde.

Die Marineschule Flensburg ist die erste, die sich aktiv an der Wanderausstellung beteiligt. Alles wirkt auch heute noch recht imposant auf mich.

Mit dem Bus fahren wir an den Gebäuden vorbei, während Dr. Jensch und Prof. Paul etwas zu der Geschichte, dem Baustil und den Menschen, die hier eine führende Rolle im NS-Reich spielten, erzählt. Durch diese Nähe kann ich mir alles sehr bildlich vorstellen.
Anfang Mai 1945 traf die deutsche Reichsregierung unter Admiral Dönitz in der Marineschule ein und machte Flensburg für einige Tage zur deutschen Hauptstadt. Von hier aus veranlasste Dönitz die Kapitulation Deutschlands. Ende Mai 1945 wurde er von den britischen Besatzern verhaftet.

Die Kommandeursvilla wurde nach dem Vorbild der britischen Marineschule, des Royal Navy College, und nach der Marienburg in Westpreußen gebaut. Von hier aus ist auch der neue Stadtteil Sonwik zu erkennen. Ich erfahre, dass hier damals der Lastkahn Ruth, mit 630 Überlebenden von 1000 eingeschifften Häftlingen des KZs Stutthof bei Danzig, lag. Die Leichen von 26 Häftlingen wurden am Strand von Fahrensodde notdürftig verscharrt, während die anderen ins Wasser geworfen wurden. So krank, abgemagert und geschwächt wie sie waren, überlebten viele dies nicht und die Leichen trieben in diesen Tage in der Förde.
Es macht mich sprachlos, wie man so mit Menschen umgehen kann.

Nach dem Krieg wurden die Räume der Marineschule von der pädagogischen Hochschule, sowie vom Zoll und dem Kraftfahrbundesamt genutzt. Auch diente das Gelände direkt nach dem Krieg als Lazarett. Der Nordteil des Geländes wurde ab 1956 wieder von der Marine genutzt. Erst 1960 wurde das gesamte Areal von der Marine übernommen.

Eine weitere Station ist das Trampedachlager. Es ist ein Einweiterungsbau der damaligen Marine, die für den erhöhten Bedarf an Offiziersanwärtern Unterkunftsmöglichkeiten benötigte. Das Gebäude steht heute unter Denkmalschutz, da es das letzte in Deutschland bekannte Barackenlager ist, das nicht als Gefangenenlager diente.

Auf dem Weg zur ehemaligen Marinesportschule, die heute als Wohnquartier der Offiziersanwärter dient, kommen wir an dem Gedenkstein für Werner Lüth vorbei. Ich höre, dass Herr Lüth U-Boot Kommandant war und verantwortlich für die Versenkung von 47 Schiffen und Leiter der Marineschule für alle militärischen Angelegenheiten im Raum Flensburg. Bei dem Versuch auf das Gelände zu gelangen, wurde er von einem Wachposten erschossen, weil er die Parole, die er selbst verordnet hatte, wohl vergessen hat und trotzdem Einlass verlangte. Zwölf Jahre später, am Volkstrauertag 1957, ließ Korvettenkapitän Karl Peter im Beisein von Frau Lüth und ihren Kindern unweit der Stelle, wo Lüth den Tod fand, einen Gedenkstein setzen. Die Aufstellung des Steins ist heute umstritten. Eine Tafel informiert darüber wer Lüth war.

Die Marinesportschule hat Bedeutung erlangt, weil hier der Amtssitz von Dönitz war. Hier fand u.a. die Aussprache von Dönitz und Himmler statt. Nach Berichten standen sich die Leibgarden mit Gewehren gegenüber. Himmler wurde von Dönitz abgesetzt und verließ Flensburg am 8. Mai, wo er vorerst in Kollerup Unterkunft fand. Später floh er nach Lüneburg, wo er sich mit Gift das Leben nahm. Prof. Paul erzählte, dass es Bemühungen des Landesamtes für Denkmalpflege gab die Marinesportschule unter Denkmalschutz zu stellen. Da der Gebäudekomplex im Nordteil des heutigen Geländes liegt, hätte man es ohne viele Umbaumaßnahmen als Gedenkstätte nutzen können. Kritiker befürchteten allerdings, dass der Ort so ein Pilgerort für Neonazis werden könnte. Dem konnte Dr. Gerd Kaster, der Leiter des Landesamtes nicht zustimmen: „Dönitz hat hier gegen Hitlers ausdrücklichen Befehl gehandelt, den Krieg bis zum bitteren Ende fortzusetzen und hat stattdessen die Kapitulationsverhandlungen aufgenommen. Das war Hochverrat."

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