Ein Bautrupp, dem ich angehörte, sollte in Bramstedtlund auf einem Gelände, auf dem ein Bundeswehrdepot gebaut werden sollte, für die Baufirmen und die Bundeswehr Telefonanschlüsse herstellen. Zu damaliger Zeit wurden dafür Freileitungen verlegt, die an sechs bis sieben Meter hohen Holzmasten befestigt waren. Die Löcher für die Masten mussten wir mit der Hand, mit Spitzhacke, Spaten und Schaufel selbst ca. 1,5 Meter tief graben. Der Sturm wurde im Laufe des Vormittags so stark, dass wir fast umgeweht wurden, und Sand, der über das Gelände geweht wurde, das Sehen erschwerte, bzw. unmöglich machte. Wir mussten die Arbeiten einstellen.
Ich habe diesen Freitag, den 16. Februar 1962, auch deswegen in besonderer Erinnerung, weil es mein letzter Arbeitstag beim Fernmeldeamt Flensburg war. Ich hatte mich schon vor längerer Zeit beim Landesbauamt (LBA) Schleswig als Technischer Angestellter für die Planung, Ausschreibung, Bauüberwachung und Abrechnung für den Bau von Elektro- und Fernmeldeanlagen beworben und sollte die Stelle am Montag, dem 19. Februar, antreten. Da das LBA sich in unmittelbarer Nähe des Schleswiger ZOB befand, fuhr ich mit dem Bus nach Schleswig.
Es wurde eine etwas abenteuerliche Fahrt. Schon kurz hinter Flensburg mussten wir Passagiere von der B 76 Teile eines großen Bauschildes, das den Neubau der künftigen B 200 anzeigte, beiseite räumen. Da der Bus über Nebenstrecken über die Dörfer fuhr und die Straßen zum Teil noch nicht geräumt waren, mussten von uns Äste, kleine entwurzelte Bäume und Weidezäune beiseite geräumt werden. Ich kam natürlich verspätet in Schleswig an. Im Dezember 62 wurde ich zum LBA Flensburg versetzt und beendete dort im Dezember 1995, nach 33 Jahren, meine berufliche Tätigkeit, ich wurde Rentner.
Nun noch zum Telefonieren in dieser Nachkriegszeit: Heute haben schon Erstklässler ein Mobil-Telefon – ein sog. "Handy". In den Jahren 1960/70 hatte längst nicht jeder Haushalt ein Telefon. Besonders auf dem Land waren Telefonanschlüsse rar, weil das dafür erforderliche Leitungsnetz fehlte. Erdkabelnetze der heutigen Zeit gab es damals auf dem Lande nicht. Wollte ein Landbewohner oder Bauer einen Telefonanschluss haben, musste die erforderliche Leitung als Freileitung über Holzmasten erstellt werden. Für die sechs bis sieben Meter hohen Masten wurden im Abstand von circa 45 Metern etwa 1,5 Meter tiefe Löcher per Hand gegraben.
In die Masten wurden für die Leitungen, die aus blanken Bronzedrähten mit 1,5 Millimetern Durchmesser bestanden, Porzellanisolatoren eingeschraubt, an denen dann die Drähte befestigt wurden. Die Leitungsdrähte mussten zwischen den Masten immer die gleiche Zuglast haben. Um das zu gewährleisten, bevor die Leitungen an den Isolatoren befestigt wurden, schlug ein erfahrener Monteur, der mit Steigeisen auf dem Mast war, mit beiden Händen gleichzeitig auf die Leitungen. Es entstand eine Welle zum Mast, an dem die Leitungen schon befestigt waren. Die Wellen auf den Leitungen schlugen dann zum Monteur zurück. Kamen die Wellen gleichzeitig zurück, hatten die Leitungen die richtige Zugspannung. Die Leitung, bei der die Welle später zurückschlug, musste dann nachgespannt werden, bis beide Wellen gleichzeitig ankamen.
Die Holzmasten hielten nicht ewig. Durch Feuchtigkeit verrotteten sie im Erdreich. Ob sie noch standfest waren, wurde geprüft, indem man mehrfach mit einem Hammer gegen den Mast schlug. Am Ton, der dadurch entstand, wurde festgestellt, ob der Mast defekt war. Bei Frost im Winter funktionierte die Prüfung nicht immer. Bei gefrorenem Boden klang der Ton wie beim heilen Mast, weil der rotte Teil des Mastes gefroren war. Ich erinnere mich, dass in Tarp, im Bereich der Eisenbahnschranke nach einer Frostperiode ein Mast umkippte. Er war kurz vorher bei Frost geprüft worden.
Ein Erlebnis mit einem umkippenden Mast hatte ich selbst. Ich befand mich auf einem Mast, der schon länger stand, um Isolatoren für neue Leitungen zu montieren. Wer auf einen Mast stieg, musste sich mit einem Seil, das an einem Bauchgurt befestigt war und um den Mast gelegt wurde, absichern. Die Absicherung war erforderlich, um nicht nach hinten abzukippen, weil für Montagen beide Hände benötigt wurden. War man nach hinten abgekippt, hing man mit dem Kopf nach unten, nur durch die Steigeisen gehalten. Sich wieder aufzurichten war dann ziemlich schwierig, häufig nur mit Hilfe eines Kollegen möglich, der dazu mit auf den Mast steigen musste.
Der Mast, auf dem ich war, begann plötzlich langsam seitlich zu kippen. Ich löste die Sicherheitsleine, schlang die Arme um den Mast, drehte die Füße mit den Steigeisen nach außen, damit diese sich vom Mast lösten, und rutschte schnell an ihm herunter. Unten angekommen rollte ich mich vom Mast weg. Mit Steigeisen an den Füßen war das gar nicht so einfach. Der Mast kippte unmittelbar um, nachdem ich auf dem Boden lag.
Weil es nicht genügend Leitungen für Telefonanschlüsse gab, behalf man sich oft mit Zweieranschlüssen, so genannten Gemeinschaftsumschaltern (Gums). Über solche Gums konnten zwei Teilnehmer telefonisch versorgt werden. Allerdings mit Einschränkung: Wenn ein Teilnehmer telefonierte oder angerufen wurde, war der andere am Gum Angeschlossene nicht erreichbar bzw. konnte nicht telefonieren. Jeder der beiden Teilnehmer hatte eine andere Telefonnummer und bezahlte nur die halbe Grundgebühr. Ich war noch 1975 in Flensburg an einem Gum angeschlossen.
Heute bestehen große Strecken Leitungsnetze aus Lichtleiterkabeln, deren Adern aus Glasfasern sind, in denen elektrische Impulse, aus denen auch Telefongespräche bestehen, mit Lichtgeschwindigkeit durch die Glasfasern fließen. Über heutige 2-adrige Glasfasern können gleichzeitig circa eine Million Megabit pro Sekunde übertragen werden (1 Megabit = 1 Million), das bedeutet, beim Telefonieren können eine unendlich hohe Zahl von Telefongesprächen im Festnetz gleichzeitig geführt werden, ohne dass sich die einzelnen Teilnehmer gegenseitig stören, weil die Gesprächsimpulse zeitlich versetzt durch die Leitungsadern fließen, ohne sich gegenseitig zu stören.
Kurt Tomaschewski
Telefonieren in der Nachkriegszeit
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